B. Jörgensen u.a. (Hrsg.): Friedensschlüsse

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Titel
Friedensschlüsse. Medien und Konfliktbewältigung vom 12. bis zum 19. Jahrhundert


Herausgeber
Jörgensen, Bent; Krug, Raphael; Lüdke, Christine
Reihe
Documenta Augustana 18
Erschienen
Augsburg 2008: Wißner-Verlag
Anzahl Seiten
250 S.
Preis
€ 16,00
Rezensiert für H-Soz-Kult von
Rudolf Stöber, Lehrstuhl für Kommunikationswissenschaft, Universität Bamberg

So kann man sich im Titel täuschen, denkt man nach den ersten beiden Beiträgen dieses Sammelbandes. Hier wird nicht die Funktion der Medien für die Konfliktbewältigung untersucht, sondern Notariatsinstrumente. Hier geht es nicht um mediale Vermittlung der Kenntnis von Friedensschlüssen in eine breitere Öffentlichkeit, sondern um Ausbildung bürokratischer und administrativer Strukturen.

Doch trifft dieser erste Eindruck vor allem auf die ersten beiden Beiträge von Christoph Dartmann und Stefanie Rüther zu. Dartmann widmet sich innerstädtischen Friedensschlüssen im Italien des 12. bis 13. Jahrhunderts, Rüther dem Friedensschluss nach dem „Süddeutschen Städtekrieg“ im späten 14. Jahrhundert. In beiden Beiträgen kommt den „Medien“, hier gleichgesetzt mit Urkunden, Geleitbriefe, Eide, Siegel, Herolde und anderem mehr, hauptsächlich die Funktion zu, die friedensstiftende Übereinkunft zu bekräftigen; analog zu den Publica, die als Augen- und Ohrenzeugen des Geschehens ebenfalls vor allem das Gesehene und Gehörte bekräftigen sollen.

Der Beitrag von Cornel Zwierlein über die Religionsfrieden im 16. Jahrhundert wird dem Buchtitel schon eher gerecht. Der aus dem Kontext seiner fulminanten Dissertation „Discorso“ 1 entstandene Text bietet zunächst einen Überblick über die Printfassung der Friedensschlüsse und stellt dabei fest, dass die zeitgenössische Überlieferung mit der späteren Bedeutungszuweisung nicht Schritt hält. Gleichwohl konstatiert Zwierlein über die Berichterstattung zum Augsburger Konfessionsfrieden einen Kulturtransfer nach Frankreich und Oberitalien. Auch der Aufsatz von Inken Schmidt-Voges über den interkonfessionellen Friedensschluss in Schweden von 1593/94 stellt zunächst die Notariatsinstrumente in den Vordergrund. Allerdings wurde der Frieden später mehrsprachig publiziert; dem Argument, Schweden sei ein drucktechnisches „Schwellenland“ gewesen, da der Druck nicht rechtzeitig vor des polnischen Königs Sigismund Krönung in Schweden fertig wurde, kann ich mich nicht anschließen. Die Verzögerung wird weniger von Kapazitätsproblemen als von Rücksichtnahme auf den neuen Monarchen bestimmt gewesen sein, zumal dieser bei der Krönung auf den Frieden Bezug nahm.

Stefan Mayer-Gürr untersucht die massenmediale Berichterstattung über die Friedensschlüsse von Münster und Osnabrück, sowie die folgenden Rezesse von Nürnberg, mit denen der Dreißigjährige Krieg realiter sein Ende fand. Dabei kann er aufgrund drucktechnischer Vergleiche 18 Auflagen von Flugschriften zum Münsteraner und 42 zum Osnabrücker Frieden identifizieren. Über die weniger juristischen, konkreteren, von prächtigen Feiern begleiteten Rezesse wurde hingegen das breitere Publikum in 26 Auflagen illustrierter Flugblätter unterrichtet.

Der folgende Beitrag ist dem Waffenstillstand in den Niederlanden von 1609 gewidmet. Martina Dlugaiczyk vergleicht „Aviso“ und „Relation“ und sie untersucht grafische Darstellungen zum Waffenstillstand. Sie folgert, weil in den beiden Blättern die Nachrichten aus den Niederlanden immer vornweg gestanden hätten, hätten sie auch besondere Aufmerksamkeit genossen. Dabei ist seit langem bekannt und zuletzt noch einmal von Martin Welke nachdrücklich gezeigt worden, dass der Lauf der Postkurse den Satz bestimmte. Den Band beschließt ein Artikel über staatstragende französische Napoleon-Bilder und Karikaturen und deren kritische englische Pendants von Claudia Hattendorf.

Eingeleitet wird der Sammelband, der eine Tagung des Graduiertenkollegs „Wissensfelder der Neuzeit“ am Institut für Europäische Kulturgeschichte der Universität Augsburg von 2005 dokumentiert2, durch eine hinsichtlich Thema (Friedensschlüsse) und Methode (diachroner Vergleich) problemorientierte Einführung von Bent Jörgensen. Mit dem Medienbegriff hat sich der Herausgeber, das merkt man den Beiträgen an, nicht auseinandergesetzt. Wenngleich sich der Rezensent nicht mit allem einverstanden zeigen kann, sei positiv vermerkt, dass alle Beiträge dicht aus den Quellen gearbeitet sind und der Band ansprechend bebildert ist.

Anmerkungen:
1 Cornel Zwierlein, Discorso und Lex Dei. Die Entstehung neuer Denkrahmen im 16. Jahrhundert und die Wahrnehmung der französischen Religionskriege in Italien und Deutschland, 1559-1598, Göttingen 2006; vgl. die Rezension von Susan Boettcher, in: H-Soz-u-Kult, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/rezensionen/2008-4-087>, (15.04.2009).
2 Vgl. den Tagungsbericht „Friedensschlüsse – Medien im Umfeld der Konfliktbewältigung im Mittelalter und der Frühen Neuzeit mit einem Ausblick auf die Gegenwart“, 24.11.2005-26.11.2005, Augsburg, in: H-Soz-u-Kult, <http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/tagungsberichte/id=986>, (15.04.2009).

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